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Lappland im Winter

Alle Bilder zu dieser Tour und zu allen anderen Touren unter: http://priesi.com

Aurora Borealis – Nordlichter! Dieses Schauspiel einmal selbstorganisiert, nur mit Zelt und Rad, in der Natur zu erleben, war neben der Lust am Abenteuer und der Erfahrung eigener Grenzen der mich antreibende Grund, diese Reise zu unternehmen.

So zog ich im März 2012 los, für mich untypischerweise ganz alleine da ich niemanden für diese Reise gewinnen konnte.

 

Geflogen wurde nach Kiruna, Schweden.

Wie es bei mir schon fast Tradition zu scheinen hat, gab es wieder ein paar kleinere Komplikationen beim Flug. Da ich zugegebenmaßen nicht unbedingt zu pünktlich am Flughafen war, bekam ich echte Zeitprobleme als ich mein Rad und Sondergepäck noch direkt am Flughafen zahlen solle, nur die Schalter dafür alle überlastet
waren. Der Spruch, wohlgemerkt nachdem ja meine kompletten Sachen schon im Flieger waren, der netten Frau am Schalter, dass sie mir nicht mehr versprechen kann, dass ich meinen Flieger noch bekomme, löste einen Anfluch von Entsetzen aus.

Schlußendlich war ich um 10.30 im Flieger, 10.25 war Abflug 😉

Aber egal, ich war drinne!

In Stockholm musste ich umsteigen. Das Gepäck, so wurde mir versichert wird automatisch weiterverladen ins nächste Flugzeug nach Kiruna. Nachdem ich in Las Vegas mal ohne Zelt,Schlafsack, etc gelandet bin, bin ich in der Gepäck Hinsicht etwas ein gebranntes Kind.

Deswegen schaute ich in Stockholm mal nach was da so auf dem Gepäckband zum Vorschein kommt. Und tatsächlich kam da doch glatt ein Gepäckstück von mir raus!

Ich hab’s geahnt! Kurzer Schnack mit einem Flughafenmitarbeiter der mir dann versicherte das dies nur ein Ausversehen sei, das die anderen Sachen bestimmt weiterverladen werden, und das er sich um mein Gepäck kümmern wird. Er schien kompetent, ich war beruhigt.

Und tatsächlich kam in Kiruna schlußendlich alles an!

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In Kiruna war ich dann von Oli in seine Studenten WG mit Victor und Bastian eingeladen. Die Mädels waren auch alle da und sogar noch ein weiterer Gast.

Kann mich hier nur nochmal bei allen bedanken! Super nette Leute, die ich gerne mal bei mir Zuhause in Deutschland begrüßen würde!

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Die Straßen sind hier alle vereist.

Ohne Spikes, zumindest für 2 Räder, geht hier nicht viel bzw es wäre zu gefährlich, insbesondere dann wenn Wind ins Spiel kommt und man die Lenkbewegungen nicht immer 100%ig kontrollieren kann.

Natürlich kommt man aber auch mit Spikes nicht so schnell voran wie auf normalen Straßen. Ich komme ohnehin nur langsam voran. Der Bock ist sauschwer. Über 50kg Gepäck zu Beginn mit der vielen Trockennahrung und den vielen Luxusartikeln die ich wieder dabei habe (Netbook, 2 Kamras, Ersatzakkus wegen der Kälte, großes Stativ, etc) .

Zusammen mit mir, Anhänger und Rad sind das also locker 160kg + die bewegt werden müssen.

Außerdem ist es hier einfach so schön, dass ich mir auch gerne viel Zeit nehme bzw lasse. Nachts bin ich oft bis 0 uhr auf und beobachte das Nordlicht, sodass ich morgens auch immer gerne lange schlafe 😉

Den Plan in der Zeit komplett mit Rad bis zur Südspitze der Lofoten zu fahren, kann ich auf jeden Fall jetzt nach ein paar Tagen abhaken, aber das ist auch vollkommen egal.

Pläne sind dazu da geändert zu werden, besonders auf Radreisen 😉

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Auch der Faktor Abenteuer kam von Beginn an nicht zu kurz.

Die vereisten Straßen waren dank der Spike-Reifen kein großes Problem. Als schwieriger gestaltete sich jedoch zu Beginn die Zeltplatzsuche, zumal ich ohne Wintercamping-Erfahrung angereist war.

Natürlich wollte ich nicht direkt neben der Straße campieren, sondern suchte besonders schöne Plätze zur Nordlichtbeobachtung.

Abseits gab es aber nur hüfthohen Pulverschnee auf dem das, hier unverzichtbare, Abspannen des Zeltes nur schwer möglich ist. Wie wichtig das sorgfältige Abspannen ist merkte ich, als ich eines Morgens unsanft von meinem Zelt geweckt wurde. Die Heringe waren von einer Böe herausgerissen worden und das Zelt wollte mich quasi umdrehen. Hätte ich nicht drin gelegen, es wäre wohl davon geflogen.

So habe ich, wenn immer es ging, auf Flächen gezeltet die mit Schnee-Scootern befahren wurden und soweit komprimiert waren, dass man abspannen konnte.

Ansonsten wurden alle möglichen Gegenstände, auch das Rad und der Anhänger inklusive Wimpel meines VfL Herford Tennis-Teams, als Schneeanker missbraucht.

Es war oft eine ziemliche Maloche das Gespann durch den Schnee an die Plätze zu bekommen an denen ich campen wollte.

Der Rückweg war dann meist noch beschwerlicher wenn der nachts aufkommende Wind meine Spur verweht hatte.

Dafür bekam ich aber auch genau das was ich wollte: Zeltplätze in vollkommener Einsamkeit und schönster Landschaft.

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Aurora Borealis – Nordlichter! Dieses Schauspiel einmal selbstorganisiert, nur mit Zelt und Rad, in der Natur zu erleben, war neben der Lust am Abenteuer und der Erfahrung eigener Grenzen der mich antreibende Grund, diese Reise zu unternehmen. Und tatsächlich, gleich am 2. Tag erlebte ich das Nordlicht in einer extrem starken Intensität!

Im absoluten Klimax, der vielleicht 10 Minuten dauerte, flackerte teils der komplette Himmel in Grün und Rot mit einer Intensität die ich mir nicht hätte vorstellen können, zumal schon Halbmond war.

Ich habe viele schöne Naturphänomene auf meinen Reisen gesehen, aber insbesondere diese 10 Minuten Aurora, noch dazu in dieser Situation und an diesem Ort, gehören zum Beeindruckensten überhaupt!

Von der „Exremphase“ gibt es dann leider auch kaum Fotos, da wollte ich mir es einfach nur in Ruhe angucken

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Morgens ist immer wieder Maloche angesagt um alles wieder auf die Straße zu bekommen. Der Wind hat nachts oft wieder meine Spur verweht.

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Morgens  Besuch von einem (halbblinden?) Schnee-Scooter Fahrer.

Zentimenter am Zelt vorbei und schätzungsweise Milimeter an den Abspannseilen…im Zelt hörte es sich so an als würde er DURCH mein Zelt fahren 😉

Wenn er das Seil erwischt hätte, hätte ich danach Freiluftcampen machen können!

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Ich kam zu einem riesigen zugefroren See, der eine spektakuläre Weitsicht und Aussicht auf die umliegenden Berge bot. Ein wenig Antaktis-Feeling.

Der nahezu perfekte Spot für Nordlichter.

Wer mich kennt weiß das ich nur einen Weg suchte um dort unten mein Zeltlager zu errichten.

An einer kleinen Ferienhaus-Siedlung gab es dann die Möglichkeit durch den „Garten“ eines der Häuser zum See zu kommen. Unnötig zu erwähnen das es dort unten schweinekalt war, zudem windig. 😉

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Egal, Zelt wurde aufgebaut und kurz noch gekocht. Da erschien Johnny, so stellte er sich mir später vor, und fragte nur : „man, are you crazy?“.

Auf meine Antwort „ya, but only a little bit“ reagierte er mit etwas Erleichterung und bot mir dann an in seiner Sauna, einem Stelzenhaus über dem See ca 100 Meter von meinem Zelt entfert, zu übernachten.

Nun ja, so ein Angebot konnte ich dann in dem kalten Moment tatsächlich nicht ausschlagen.

So ging es hinein in den Vorraum der Sauna, der vielleicht so um die 30 Grad hatte. Von -20 inkl. Wind in +30 Grad Windstille, was ein Unterschied 😉

Ich machte es mir gemütlich und haute mir wie hier im Moment üblich die Nacht um die Ohren.

Die Lichter kamen auch heute wieder, aber bei weitem nicht so intensiv wie das letzte Mal. Aber hier an diesem genialen Platz trotzdem ein tolles Erlebnis.

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Mein Schlafplatz in der Saunahütte

Am nächten Morgen kam Johnny noch kurz als ich am zusammenpacken war und sagte mir nochmal etwas eindringlicher als gestern: “ I really think you are totally crazy to do this trip, but good luck!“ 😉

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Am nächsten Tag kam dann doch noch die Gelegenheit auf dem besagten See, halt nur etwas weiter westlich, zu übernachten 😉

Kalt war es wahrlich, als ich morgens mal zum Pinkeln zwangsaufstehen musste, zeigte das Thermometer -24 Grad. Da mein Schlafsack nur ein Limit Comfort von – 12 Grad hat musste ich den etwas „tunen“ und lag mit Daunenjacke und Primaloft Expeditionshose im selbigen.

Alles etwas beengt und unbequem und so richtig überragend warm war es auch nicht, aber ich konnte immerhin schlafen.

Auch nicht unbedingt schlaffördernt war es, dass es im Eis anscheinend Spannungen gibt und es sich dann so anhört als würde das Eis unter einem bersten bzw. reißen. Der Verstand sagt einem natürlich dass man hier auf einer megadicken Eisschicht liegt, auf der man wohl sogar in einem 7,5t problemlos übernachten könnte, aber ein ungutes Gefühl bleibt wenn man merkt, dass dieser Riss in unmittelbarer Nähe bzw direkt unter dem Zelt entsteht.

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Aber die Nordlichter Show war an diesem Abend wieder 1. Sahne. Annähernd so stark wie am 2. Tag. Und das vor dieser Kulisse auf diesem endlos erscheinen See in absoluter Stille und Einsamkeit….

Spät in der Nacht, als die Show gerade vorbei war, verirrte sich noch ein Nordlichphotopraph aus England hier hin. Ausgestattet mit dem feinsten was Phototechnik angeht, tat er mir aber etwas Leid weil er es halt verpasst hatte. Mit so einer Ausstattung, die aber natürlich mit Rad kaum transportabel ist, geht phototechnisch sicherlich noch einiges mehr.

Wir kamen kurz ins Gespräch und dann holte er seinen (wirklich guten!) Single-Malt Whiskey raus und wir nahmen noch ein kleines Glas.

So endete der Abend perfekt, bis ich dann halt irgendwann ins kalte Zelt musste

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Am nächsten Morgen – saukalt 😉

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Heute ging es Richtung Grenze Norwegen/Schweden einen kleinen Pass hinauf. Auch hier wieder eine beeindruckende Bergkulisse. Voran kam ich nur schlecht. So war es vorprogrammiert, dass ich fast an der höchsten Stelle übernachten werden muss.

Die Sonne war noch am Himmel und das Thermometer zeigten schon -22 Grad an.

Heute, so war mir klar, kam der Härtetest für meinen Schlafsack inklusive der „alles an“ Taktik. Da es aber fast Windstill war, war ich sehr guter Dinge das dies ohne Probleme klappen wird. So entschied ich mich dann auch, wenn man eh schon mal hier ist, einen richtig geilen Platz zu suchen, DEN geilsten Platz überhaupt hier oben zu suchen.

Den fand ich dann auch auf einer Anhöhe von wo man einen 360 Grad Blick über die Berglandschaft hatte.

Eine ziemliche Maloche meine Ausrüstung da hin zu bekommen, ich musste mehrmals zum Rad hin und zurück.

Aber viel schöner geht es, zumindest hier, nicht!

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Kochen an der Straße, im Hintergrund mein Zelt.

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Sternschnuppe und Aurora in einem Bild 😉

Um es perfekt zu machen ging die Lichtershow wieder passend gegen 20 Uhr los. Wieder im Klimax sehr intensiv. Fast zu schön um wahr zu sein, so stand ich bis ca. 24 Uhr da draussen vor meinem Zelt, bestaunte die Show und merkte die Kälte ansich kaum.

Im Zelt später, wenn man sich ja logischerweise nicht mehr bewegt, spürte ich sie dann natürlich doch. Keine Ahnung wie kalt es wirklich war, so zwischen 25 und 30 Grad werden es wohl gewesen sein, da wo mein Schlafsack single getragen nur noch das „überleben“ sichert. Aber mit der „alles an“ Taktik war es erneut nicht unbedingt warm, aber auch nicht annähernd gefährlich kalt.

Doof ist nur das der Atem sofort zu Eis gefriert und das ganze Zelt am nächsten Morgen von innen vereist ist. Außerdem unschön ist, dass es morgens teilweise recht schwer ist in die Stiefel reinzukommen, weil diese natürlich auch von innen frieren und hart werden.

So hatte ich nun schon an 3 Tage eine wirklich sehr intensive Aurora, 2 Tage davon an Plätzen die kaum schöner sein könnten.

Was ein Glück!

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Am nächsten Morgen. Das Rad ist zum Glück noch da 😉

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Auch Bier hat keine Chance flüssig zu bleiben….Die einzige Flüssigkeit die immer drinkbar war, war mein Whiskey 😉

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Mit dem freundlichen Wetter war es dann leider vorbei.

Je näher ich der Küste kam, desto stärker wurde der Wind.

Bei -15 Grad und Sturm alleine ein Zelt im Schnee aufzubauen ist eine reine Qual. Das Gleiche gilt fürs Radfahren. Der Windchill war gnadenlos und zerrte an den Kräften.

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Am Meer angekommen

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Richtig ungemütlich wurden jedoch die Brückenüberquerungen bei Sturm!

Die Tjeldsund Brücke zeigte mir (fast) Grenzen auf. Die Windmessung zeigte Werte von 30 m/s. Umgerechnet ca. 110 km/h bzw. Windstärke 11!

Da noch alle Autos auffuhren und der Wind nicht nachlassen wollte entschloss ich mich auf die Brücke zu schieben. Schon die ersten Meter waren brutal, ich kam kaum voran.

Je höher ich kam, desto stärker wurde der Wind.

Die Ortlieb Kartentasche fiel dem Wind zum Opfer. Sie flog hoch hinauf aufs Meer.

Weiter oben war dann an Vorankommen nicht mehr zu denken. Ich lehnte mich gegen den Wind und musste kämpfen die Position überhaupt zu halten.

Der Wind zerrte so sehr am Anhänger, dass sich eine Befestigung der Anhängertasche löste. Ich hatte noch nie so viel Angst um meine Ausrüstung!

Auch bemerkte ich, dass die Autos unten nicht mehr auf die Brücke auffuhren. Ich war also ganz allein, und das an der höchsten Stelle der Brücke – großartig! Ich konnte nur hoffen, dass der Wind wieder etwas nachlassen würde.

Zum Glück tat er dies und als die Autos wieder auf die Brücke auffuhren wusste ich, dass ich es geschafft hatte.

Ich habe keine Ahnung wie stark der Wind in dem Moment war als ich oben auf der Brücke war, aber die magische Windstärke von 12 sollte er wohl erreicht haben!

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Das Wetter soll jetzt hier ganz übel werden. Ich sehne mich ins kalte schöne Inland zurück.

Die Lofoten werde ich mir jetzt trotzdem noch eben angucken, obwohl ich befürchte das es einfach nur ungemütlich wird und ich nicht wirklich viel zu sehen bekommen werde. Zudem ist dort Starksturm für die nächsten 2 Tage angesagt.

Vielleicht geht dann auch einfach garnichts. Trotzdem nehme ich jetzt die Hurtigruten Fähre gen Stamsund. Ich will hoffen ich finde dort einen Platz zum Schlafen, komme ich doch erst gegen 21 Uhr im Dunkeln bei Scheißwetter dort an!

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Gegen 22 Uhr komme ich in Stamsund an. Während der Zeltplatzsuche ein kleiner Fotostopp fürs Nordlicht. Leider wieder Wolken und relativ wenig Aktivität.

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Wenn man dieses Bild sieht kann man sich nur fragen welcher Vollidiot hat hier sein Zelt aufgebaut?

Was soll ich sagen, es war dunkel, es tobte auf einmal ein Schneesturm und dieses war der einzige Platz den ich auf Anhieb finden konnte wo ich das Zelt einigermaßen abspannen konnte…aber so schräg habe ich freilich noch nie gelegen, aber ging 😉

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Gegend zwischen A und Reine.

Da die Strecke bis A (so heißt der Ort wirklich) eine Sackgasse ist nahm ich für den Weg nach A den Bus.

Ich war natürlich der einzige Fahrgast und meine Busfahrerin war eine super Nette! Die ganze Strecke über gab sie mir Tipps was ich sehen muss/ wo ich campen könne etc. Sie fuhr extra einen Umweg um mir eine Stelle zu zeigen, fragte bei Toilettenhäuschen ob sie anhalten solle damit ich checken kann ob die schon geöffnet sind.

Bei einem Janis-Joplin-Lied fing sie dann auch noch an laut mit zu singen. Coole Frau!

Das Wetter war katastrophal, Sturm und zum ersten Mal auch teilweise Regen (so mild war es auf einmal an diesem Tag). Aussteigen ließ sie mich mitten in einem Tunnel, weil sie meinte es muss ja nicht sein, dass ich beim Radzusammenpacken schon nass werde.

Beim Aussteigen sagte sie mir noch augenzwinkernd, dass ich mich nicht wundern solle, wenn ich deutlich mehr bezahlen muss falls ich nochmal Bus fahren würde. Sie hätte mich nicht voll abgerechnet 😉 Sie sagte noch das ich Pech habe, der Wind ist gerade da!

Und sie sollte recht behalten, die Tage auf den Lofoten waren vom Wind bestimmt!!

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Auf den Lofoten, so hatte ich mir vorgenommen, wollte ich auf jeden Fall einmal in einer Rorbuer übernachten.

Das sind alte Fischerhütten, die größtenteils mit Stelzen auf dem Wasser erbaut sind.

Es ist halt was ganz Spezielles was man nur hier machen kann. Da das Wetter wie gesagt extrem bescheiden war und hier in A auch noch sehr schöne von diesen Fischerhütten stehen entschied ich das heute der Tag dafür sein sollte.

Natürlich sind die meisten jetzt geschlossen bzw werden nicht vermietet. Man findet auf Autos und Schildern am Straßenrand aber Telefonnummern
unter denen man die Besitzer (i.d.R. halt Fischerfamilien) anrufen kann. In A fand ich insgesamt 4 Nummern, ich rief alle an und alle gingen entweder nicht ans Telefon oder sagten mir das sie zur Zeit keine Rorbuer vermieten.

Nun, das war ja ganz schön schwer so ein Teil zu bekommen!

Also fuhr ich erstmal einfach zum nächsten kleinen Fischerort, Reine. Dort konnte ich dann tatsächlich jemanden erreichen der eine Fischerhütte vermieten würde. Der Preis: 1500 NOK für 1 Nacht, das sind umgerechnet ca 200 Euro – WOW! Nee, das war es mir wirklich nicht wert!

Nun kam aber erschwerend dazu, dass es dunkel wurde, immer windiger und das ich auf einmal einen Platten hatte!

Den hat man ja bekanntlich immer in den passensten Momenten!

Jetzt den Reifen zu wechseln, mit der Anhängerkupplung, würde dauern! Zum Glück stellte ich beim Aufpumpen fest, dass es kein großes Loch war, ich also pumpen, fahren, pumpen, fahren, etc.

So kam ich zum nächsten Ort, wieder eine Telefonnummer! Wieder zu vermieten! Diesmal etwas auf Mitleid, armer Fahrradfahrer mitten im Winter, Platten….500 NOK! 1/3 von dem Preis eben. Gekauft!!

Beim Warten auf die Besitzerin fiel mir (zum ersten Mal übrings) ein Auto mit einem deutschen Kennzeichen auf. Die hatten wohl die Nachbarrorbuer hier gemietet. Also sagte ich dort mal kurz Hallo. Nette Leute, die in dieser Rorbuer im Sommer schon öfters waren und sie von Zuhause lange im Vorraus reserviert hatten. Sie waren, sagen wir mal, mäßig begeistert von ihrem Aufenthalt im Winter bisher. Sie hatten das üble Wetter der letzten Tage hier „genossen“ und meinten nur, dass sie jetzt zumindest ihre Hütte von Innen gut kennen 😉

Egal, ich machte es mir in meiner Hütte gemütlich!

Ein paar Gläser Whiskey-Cola (ja auch hier erlaube ich mir den Luxus eine Plastikflasche Singele Malt mit rum zu fahren, im übringen die einzige Flüssigkeit die ich immer trinken konnte weil sie nie gefroren ist) und ein „schönes“ Abendessen.

Der Sturm entwickelte sich draussen dramatisch. Diese Hütte stand natürlich auch vorm offenen Meer.

Nicht ein Platz wo ich bei diesem Wetter mein Zelt aufgebaut hätte, trotzdem war ich froh in der Hütte zu sein. Es war schon toll, hier gemütlich in Sicherheit und draussen dieser gewaltige, laute Sturm.

Wenn die heftigen Böen kamen wackelte die ganze Bude!

Die anderen Deutschen meinte nacher auch sie dachten teilweise das Haus würde zusammenbrechen. Krasse Action! Mitten in der Nacht auf einmal ein lauter Knall. Meine Tür war aufgeschlagen!

Mit einer solchen Wucht, dass ein Scharnier komplett ab war und das andere nur noch so halb an der Tür dran war.

Keine Ahnung wie der Wind das nun wieder geschafft hatte, die Tür war nicht verriegelt, das war vielleicht der Fehler. Ich dachte mir nur“ Mann Christian, Scheiße. Die nette Frau gibt dir ihre Hütte zum Sonderpreis und zum Dank dafür zerlegste ihr das Teil“

Naja ich schrieb einen netten Brief in dem ich den Sachverhalt erklärte – mehr konnte ich nicht machen!

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Das typische Bild auf den  Lofoten im Winter…überall Fisch. Die Köpfe gehen übrings nach Afrika, sind dort eine Delikatesse.

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Der ist aber lang….

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Es war ein relativ windstiller, verschneiter Tag und ich kam zu einem Strand vor einer grandiosen Bergkulisse.

Der Schönheit der Landschaft wegen ließ ich mich dazu verleiten, keine Vorsicht walten zu lassen.

Als wollte mir die Natur diesen Fehler büßen kam gen Abend ein gewaltiger Sturm auf. Und ich stand mit meinem Zelt zwischen dem offenen Meer und einer weiten Strandebene.

Katastrophe!

Vernünftig wäre es wohl gewesen, dass Zelt wieder flach zu legen, aber ich ließ es stehen. So musste es zeigen, dass es das viele Geld wert ist. Und….das tat es!

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Die Böen wurden immer heftiger, so dass selbst ich Probleme hatte auf den Beinen zu bleiben. Dieses Zelt lag, ungelogen, mit der einen Seite bis zur Firststange komplett am Boden.

Es sah bizarr aus, aber es hielt!

Gepaart wurde diese Naturgewalt mit einer absolut einzigartigen Stimmung: Schnell ziehende Wolken, ein tobendes Meer, Wolken in roter und pechschwarzer Färbung und in den Wolkenlücken das Nordlicht in all seiner Farbvielfalt. Ich war froh hier zu sein, die „Dummheit“ begangen zu haben hier zu zelten,  es war eine einmalige Stimmung die ich so sicherlich nie wieder erleben werde.

Ich war fasziniert von dieser extremen, einmaligen Atmosphäre und ich hatte tierische Angst um mein Zelt wenn die Sturmböen kamen.

Irgendwann gegen Mitternacht wurden die Böen deutlich schwächer, die Nordlichtershow war vorbei und ich schlief im, vom Wind hin und her geschüttelten, Zelt trotz eines Adrenalinspiegels Unterkante Kinn vor Erschöpfung sofort ein.

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Auch wenn es hier alles schön ruhig aussieht war das Fahren nicht einfach.

Es waren wieder diese Böen die einem das Leben so schwer machen. Es ist kein konstanter Wind. Es gibt Phasen da ist es annähernd Windstill und dann wie aus dem Nichts kommt eine Böe die einem das Fürchten lehrt.

Auf dem Fahrrad, insbesondere wenn der Wind von der Seite kommt, tödlich.

Man hat quasi keine Chance dann auf dem Rad zu bleiben, zumal ich ja Windfänger ohne Ende am Rad montiert habe.

So habe ich streckenweise sogar geschoben bei Passagen wo man an den Schneeverwehungen erkennen konnte, das hier der Wind öfters durch geht.

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Lofoten

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Coole Stimmung auf dieser total einsamen, schneeverschneiten Straße im Nichts mit den, von der untergehenden Sonne, angestrahlten Wolken.

 

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Der letzte Fahrtag. Nur noch 20km bis Svolvaer wo mein Hurtigruten Schiff mich nach Tromso zum Abflughafen bringen soll.

Ich wurde um ca 6 Uhr geweckt weil das Zelt mich umdrehte!

Wieder dieser verf…. Wind.

Die Abspannungen (die waren wohl diesmal nicht allzu gut gemacht im tiefen Schnee 😉 waren von einer Böe rausgerissen!

Hätte ich nicht im Zelt drin gelegen, es wäre wohl nun davon geflogen. Der Wind war, mal wieder, atemberaubend. Schnell baute ich das Zelt ab.

Da ich nach Svolvaer einen Bogen fahren musste, hatte ich das Vegnügen diesen Wind von alle Seiten zu „genießen“. Zuerst von der Seite: Fahren schlichtweg größtenteils unmöglich, viel zu gefährlich und auch nicht kontrollierbar. Ich schob auf asphaltierter Straße, ein Armutszeugnis, fast das Eingeständniss einer Niederlage gegen den Wind.

Dann von Vorne: Noch schlimmer! Defacto musste ich kämpfen um überhaupt schiebend vorwärts zu kommen. Es war zum Glück der kürzeste Abschnitt!

Matthias kennt den wind den wir auf Island hatten, dies hier war noch schlimmer, ich hätte es mir nicht vorstellen können!

Aber es waren wie gesagt Böen, kein konstanter Wind wie auf Island.

Dann Rückenwind, zum Glück die meiste Strecke: Gigantisch!

Wenn eine der heftgen Böen einen erwischte war man in Null komma Nix von 10km/h auf 40 km/h.

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So war ich also wieder auf einem Hurtigruten Schiff.

Diesmal auf einem der neuen und luxuriöseren! Mit Whirpools draussen an Deck.

Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen da aber mal ganz lange reinzuhüpfen!

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In Tromsö, das ich wieder durch die Hurtigruten erreichte, war ich zum Abschluss von Vincent eingeladen. Und das obwohl er selber am Tag meiner Anreise in den Urlaub gefahren ist!

Ich traf ihn an seinem Arbeitsplatz.

Er gab mir, wohlbemerkt einem völlig Unbekannten, die Schlüssel und Adresse zu seiner Wohnung und verschwunden war er.

Ein großer Akt der Gastfreundschaft!

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Noch unerwartet viel Arbeit auf dem Weg zum Flughafen – hatte ganz gut geschneit die Nacht!

Traumwetter heute!

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Ready to go!

Am Flughafen merkte ich dann (mal wieder) wie abhänging man doch manchmal von der Gunst bzw Ungust von Menschen sein kann.

Ich hatte gerade mit Mühe und viel Paketband aus 2 zu kleinen Kartons einen passenden gemacht, war mal wieder knapp in der Zeit, da meinte der Sicherheitsbeamte doch glatt ich solle das Rad wieder komplett auspacken – er müsse es „checken“, so würde er es nicht mitnehmen!

Was ein Spinner!

Sowas habe ich ja noch nie erlebt, selbst im Post 9/11 Amerika nicht.

Wie stellt er sich das denn jetzt bitteschön noch vor?

Zum Glück gab es aber noch einen sehr netten Mitarbeiter der dazu kam. Er meinte nur zu mir „Sorry this guy is the biggest asshole on the airport!“.

Er konnte es dann irgendwie regeln, dass das Rad so mitgenommen wurde.

 

Alle Bilder zu dieser Tour und zu allen anderen Touren unter: priesi.com

Kommentare

3 Kommentare zu “Lappland im Winter

  1. Michael Sieling

    Hallo Christian
    Ich habe mir eben deinen wunderschönen Bericht durchgelesen und muss dir sagen, dass mir schon der Atem stockte. Bei diesen harten Minustemperaturen müssen dir doch die Füße und Hände abgefroren sein. Ich bekomme bei meinen Winterfahrten immer nach ca. 1 Stunde leicht kühle Finger UND Füße. Dass du das alles so durchgehalten hast, zollt dir meinen größten Respekt. Ich liebe ebenfalls das Abenteuer, aber nicht unbedingt bei DIESER Kälte. Respekt, Christian, Respekt. Wie lange warst du ungterwegs und wie viele Kilometer hast du abgerissen? Deine Fotos sind in meinen Augen auch richtig klasse. Das Nordlicht war der Hammer. Aber wenn ich sehe, wie oft du geschoben hast. Glückwunsch, dass du die Tour durchgezogen hast. Ich bin wirklich beeindruckt.
    Lieben Gruß Michael
    http://www.Travel-Cycle.com

  2. Christian PriesChristian Pries Autor

    Hey Michael, danke!
    Ich war 3 Wochen dort. Kilometer sind aber nicht viele zusammen gekommen. Habe es nicht gemessen, aber schätze mal so ca 600km. Waren viele Tage dabei an denen ich kaum vorangekommen bin, teilweise nur 10km 😉
    Und mit der Kälte: Passende Ausrüstung vorausgesetzt ist das mehr eine mentale Sache glaube ich. Für diese Temperaturen/Bedingungen ist der menschliche Körper ja schon noch vorbereitet und wenn man den ganzen Tag bei diesen Temperaturen draussen verbringt stellt er sich auch schon nochmal besser da drauf ein als wenn man zuhause vom warmen Haus für 1-2 Stunden in die Kälte kommt.
    Viele Grüße! Christian
    Ab dem 20. Februar bin ich übrings nochmal per Rad in Lappland unterwegs! Diesmal aber zum Glück zusammen mit einem Kumpel! Wer Interesse hat: Ab März gibt es irgendwann Bilder/Berichte zu dieser Tour auf meiner Seite http://www.priesi.com

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